Melatonin

Melatonin ist eine natürliche Substanz, die in kleinen Mengen von der Epiphyse (Zirbeldrüse) – eine Drüse in unserem Gehirn – aus Serotonin produziert wird. In geringer Menge wird Melatonin auch von der Netzhaut des Auges und im Darm gebildet.

Die Zirbeldrüse ist direkt über Nervenbahnen mit den Augen verbunden. Wenn es dunkel wird, schüttet sie Melatonin in den Blutkreislauf aus. Durch Tageslicht wird die Ausschüttung

gehemmt. Lange Zeit hindurch war man der Meinung, die Epiphyse wäre ein verkümmertes Anhängsel ohne wirkliche Funktion.

Erst Ende der fünfziger Jahre wurde festgestellt, dass die Epiphyse eine Substanz in geringer Menge ausschüttet, die dem Hauptpigment Melanin sowie dem Botenstoff Serotonin ähnelt – diese nannte man Melatonin. Anfang der siebziger wurde die Wirkung dieses Botenstoffes erforscht, dessen wichtigste die Regulation des Tag-Nacht-Rhythmus ist.

Die Melatoninkonzentration steigt in der Nacht um den Faktor zehn an - das Maximum wird morgens gegen drei Uhr erreicht. Entsprechend den Jahreszeiten ergibt sich hier eine wechselnde Rhythmik. Die Zirbeldrüse hilft also dabei, den Biorhythmus unseres Körpers zu regulieren. Als die Wissenschaftler diesen Sachverhalt feststellten, gaben sie dem Melatonin den Beinamen „Schlafhormon“: genügend Melatonin bedeutet guten Schlaf – wenig Melatonin schlechten Schlaf.

Beim Überfliegen der großen Zeitzonen wird unsere innere Uhr (und damit der Tag-Nacht-Rhythmus und Teile unseres Hormonsystems) durcheinandergebracht. Melatonin hilft, diesen zentralen Teil unseres „Betriebssystems“ neu einzustellen. Die Wirksamkeit von Melatonin bei Jet Lag wurde bereits mehrmals wissenschaftlich nachgewiesen.

Melatonin durchwandert in der Nacht unseren Körper und bietet jeder Zelle und jedem Organ die Möglichkeit, weniger zu arbeiten, denn Melatonin hat eine inhibitorische Wirkung. Dadurch können diese dann Reparaturvorgänge tätigen, die im Hochgeschwindigkeitszustand nicht möglich wären. In der Nacht kann der Organismus jene Systeme reparieren, die am Tag zerstört wurden. Dazu bedient sich der Körper der weißen Blutkörperchen, die schadhafte Stellen aufsuchen und sie reparieren oder, wenn zu stark geschädigt, die ganze Zelle zerstören und sie abtransportieren. Melatonin bindet sich an die T-Lymphozyten und beeinflusst deren Aktivität. Zudem fördert Melatonin die Fähigkeit der weißen Blutkörperchen, Antikörper zu bilden. Es hat daher auch immunologische Funktion.

Gegenspieler des Melatonins ist das Adrenalin, das Energiehormon, das den Körper genau dort mit Kraft versorgt, wo sie gerade gebraucht wird. Adrenalin erhöht den Blutdruck, die Herzfrequenz und den Zuckerverbrauch. Melatonin wirkt genau umgekehrt, es reduziert den Blutdruck und den Puls und schützt dadurch das Herz- und Kreislaufsystem.

Melatonin ist zudem ein sehr stark wirksames Antioxidans. Es verhindert die Radikalbildung und beugt somit einer Reihe von Erkrankungen vor. Freie Radikale stehen in Zusammenhang mit Durchblutungsstörungen, degenerativen Erkrankungen, Krebserkrankungen, Hautalterung (Faltenbildung) sowie allen Alterungsprozessen. Melatonin wirkt jedoch nicht nur selbst antioxidativ, sondern verbessert auch die Produktion anderer antioxidativer Substanzen wie z. B. der SOD (Super-Oxid-Dismutase).

In der Hypophyse gilt Melatonin als Schlüsselhormon, das die Ausschüttung anderer Hormone anregt. Betroffen davon sind die Verdauung, die Menstruation und zahlreiche Körperfunktionen. Die Melatonin-induzierte Tiefschlafphase stimuliert in der Hypophyse auch die Ausschüttung des Wachstumshormones Somatotropin. Kommt es zu Störungen der Melatonin-Produktion ist auch die Somatotropin-Ausschüttung gestört und es kommt zur vorzeitigen Somatopause. Ein Fehlen des Wachstumshormones gilt als eine der vielen Ursachen für Altersbeschwerden.

Die Ausschüttung des Melatonins nimmt mit dem Alter ab. Zudem wird durch den Konsum von bestimmten Medikamenten (z. B. Aspirin, Beta-Blocker, Calcium-Antagonisten) sowie von Nikotin und Alkohol die Melatoninproduktion gehemmt.